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aus der Sendung vom:

Die Vision - Fähigkeiten erschaffen Möglichkeiten

Mittlerweile ist Ismail Güneysu ein erfolgreicher Unternehmer. Mit seiner Firma Coach Connect zeigt er Familien, wie Kinder frei von externer Hilfe das Abitur erreichen und damit perfekt auf die Universitäts- und Berufswelt sind, ohne Zeit, Geld und Nerven in Nachhilfe zu investieren.

VON SASKIA HELFENFINGER-JECK

Seine Geschichte liest sich wie eine klassische „Vom Tellerwäscher zum Millionär-Story“. Er hat Tonnen von Mineralwasser, Bier und Säfte die Treppen hochgeschleppt, arbeitete als Pizzabote, alles mit einem Ziel: Um sich seinen Traum von „Coach Connect“ zu erfüllen. „Der Aufbau des Unternehmens hat Geld gekostet und das hatte ich nicht. Also habe ich mir viele verschiedene Jobs gesucht.“ 2018 hat er am Edigheimer Wilhelm-von-Humboldt-Gymnasium sein Abitur gemacht. „Ich hatte schon als kleiner Junge ein Ziel: Ich wollte Diensthundeführer bei der Polizei werden. Und dafür brauchte man das Abitur. Das war meine ganz persönliche Motivation!“, erzählt er. Prompt bekam er auch die Zusage für die Polizei. „Allerdings habe ich mich dagegen entschieden, da ich zu diesem Zeitpunkt bereits 60 Familien mit „Coach Connect“ betreut habe und sie dann im Stich gelassen hätte. Das wollte ich nicht.“

Mit elf Geschwistern aufgewachsen

Dass er heute dort steht, wo er steht, damit hatte der 21-Jährige wohl selbst nicht gerechnet.
„Ich bin ehrlich. Ich wollte mit 12 mein Leben in die Tonne werfen“, erzählt er. Der Ludwigshafener wuchs mit elf Geschwistern in schwierigen Verhältnissen in der Gartenstadt auf, kam mit zwei Jahren ins Kinderheim. Von dort aus ging es in eine Pflegefamilie und mit zehn Jahren wieder ins Kinderheim. „Ich bin christlich erzogen worden, doch da habe ich an Gott gezweifelt.“ Immer wieder war er am Boden zerstört, wurde enttäuscht. Unterstützung erfuhr er in dieser Zeit keine. Mit 13 entschied er, sich selbst zu helfen, nahm sein Leben in die Hand. Konsequent. „Ich wollte raus aus dem Heim, in eine eigene Wohnung. Dafür habe ich gekämpft.“ Man warf ihm vor, dass er nicht mit Geld umgehen könne, dass er weder waschen noch kochen könne. „All das habe ich gelernt und meinen Erzieher gebeten, mir nur noch alle drei Monate mein Taschengeld zu geben, damit ich den Umgang damit lerne.“ „Fähigkeiten erschaffen Möglichkeiten“, den Spruch hat Güneysu seinerzeit kreiert und er ist auch das Motto von „Coach Connect“.

Zeitgleich begann er mit einem Sport, der ihn in den Folgejahren begleiten sollte: Kanu. „An sich wollte ich erst Kampfsport machen, weil ich so dermaßen viel Wut in mir hatte, doch beim Kanu bin ich hängengeblieben.“ Kanu sei mehr und mehr zu seiner Schutzblase geworden. „Auf dem Wasser – das war Frieden pur. Da war ich weit weg von allem, umgeben nur von Wasser“ Sechs-, sieben Mal pro Woche trainierte er hart, landete bei deutschen Meisterschaften auf vorderen Rängen. „Das war Balsam für meine Seele, aber es war nicht der Ehrgeiz, der an oberster Stelle stand.“ Als es in die Oberstufe ging, das Abitur näher rückte, musste Güneysu mit dem Training zurückfahren. „Ich wurde angesprochen, ob ich mir nicht vorstellen könne, die Jugend des Vereins zu übernehmen.“ Lange musste er nicht überlegen und sagte zu. Quasi zeitgleich ging ein langgehegter Wunsch in Erfüllung: die erste eigene Wohnung. „Das war eine spannende Zeit“, sagt er rückblickend.
Güneysu ist ein sympathischer Kerl, intelligent, wortgewandt, vor allem aber ist er eines: ein Stehauf-Männchen, das weiß, was es will. Aus dem kleinen Pflänzchen „Coach Connect“ hat er mittlerweile eine ziemlich große Pflanze gezüchtet. Alles begann als One-Man-Show, inzwischen hat er ein dreiköpfiges Bildungsberater-Team, das ihn bei seiner Arbeit unterstützt. „Alleine könnte ich das gar nicht mehr alles schaffen.“ Noch vor zwei Jahren coachte Güneysu jede Familie im 1:1. Doch das überstieg irgendwann seine Kapazitäten und der 21-Jährige überlegte, wie er denn am besten allen gerecht werden könnte. „Schon 2019, noch lange vor Corona, haben wir alles auf digital umgestellt.“ Schritt für Schritt hat er eine professionelle Online-Academy aufgebaut, die Familien helfen soll, den häufig von Konflikten geprägten Schulalltag zu meistern. Mit zusätzlichen Live-Fragerunden hält er den persönlichen Kontakt zu seinen Kunden. Die Methoden von „Coach Connect“ fußen auf drei Prinzipien: Pädagogik, Organisation und Lernstrategie. „Häufig ist es nämlich nicht der Lernstoff, sondern es sind vielmehr Aspekte, wie Angst, fehlendes Selbstbewusstsein, mangelnde Konzentration, die Schüler daran hindern, gute Noten zu schreiben“, erklärt der Ludwigshafener, der schon in der Oberstufe als Nachhilfelehrer einstieg. Bereits damals habe er bei seinen Schülern festgestellt, dass es häufig gar nicht am Schulstoff lag, der nicht verstanden wurde, sondern dass es ganz andere Ursachen für das Scheitern in der Schule gab.

Aus eigener Schul-Erfahrung gelernt

„Ich habe frühzeitig die Eltern miteinbezogen, die anfangs etwas verwundert waren, warum ich mit ihnen Gespräche führte.“ Ein, zwei, drei, dann später fünf, sechs Schüler. Güneysu war beliebt, die Nachfrage explodierte. Die Idee von „Coach Connect“ war geboren. „Ich hatte ja früher selbst die Probleme und habe für mich Strategien entwickelt, die ich weitergeben wollte.“ Er selbst war das Paradebeispiel dafür, dass seine Methoden von Erfolg gekrönt sind. Mit Erziehungs- und Sozialwissenschaftlern, Psychologen und Pädagogen tauscht er sich seitdem regelmäßig aus, liest, bildet sich fort. Sein Konzept aber, das entwickelt er selbst. Und bis sie Marktreife erlangen, sprich Teil der Online Academy werden, prüft er sie in Testfamilien. „Viele Eltern geben ihre Kinder auf, doch es gibt keine hoffnungslosen Kinder“, betont der Selfmade-Man, zu dessen Kunden Familien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zählen.
Irgendwann einmal vor tausenden von Zuschauern als „Speaker“ zu stehen, das wäre sein ganz persönlicher Traum. Und ein Buch schreiben, „denn damit machst du dich unsterblich. Schreiben ist wie eine Reise.“ Die 21 Jahre seines Lebens, die würden ein ganzes Buch füllen.
11. Juni 2021 - Saskia Helfenfinger-Jeck